Liebe Vereinsmitglieder,
verehrte Freunde des Reitsports,
1925 – 2015 das sind 90 Jahre Reit- und Fahrverein e.V., drei Menschengenerationen und mindestens zehn Pferdegenerationen.
Unser Verein ist daher nicht nur ein Sportverein, sondern verbindet seit
langem Menschen, auch weit über ihr gemeinsames Hobby – Pferd – hinaus.
Unzählige Male – in der langen Geschichte des Reitvereins – wurden Hilferufe, wie „das lerne ich nie!!“ so ziemlich allen Anfängern ausgerufen.
Alle Reiter kennen die Tage, an denen man sich wie der erste Anfänger
fühlt und am liebsten seine Reitstiefel verbrennen würde.
Und dennoch: Es sind die Momente des gemeinsamen Erlebens – draußen
im Gelände, im Parcours oder im Viereck, die so außerordentlich sind und
dafür sorgen, dass der Virus Pferd so vital bleibt.
Das Pferd ist KEIN SPORTGERÄT und macht das Reiten so schwierig
und wiederum so schön, denn zwei Lebewesen müssen ihr „Denken und
Handeln“ in Einklang bringen.
Die Gründer des RuF waren Pferdeliebhaber und wohl auch Pferdenarren.
Aber diese Faszination des Sports, die Verantwortung für das anvertraute
Lebewesen, die Freude und auch die Sorgen um sein Pferd, sei es das
eigene oder ein Schulpferd, steht immer im Mittelpunkt.
Das ist der Unterschied zu anderen Sportvereinen:
„An erster Stelle steht immer das Pferd!“
Wichtig daher ist, dass alle in unserem Verein, die Reiterinnen und Reiter,
unsere Jugend und der Vorstand diese Einstellung weitergeben, um auf
dieser Basis den „Pferdesport für Jedermann“ weiterhin ermöglichen zu können.
Jedem aktiven und passiven Mitglied sei herzlichst gedankt für jahrelange
Unterstützung und Initiative für den Verein.
Ohne diese freiwilligen Helfer und deren Beiträge wäre der herrliche Standort für einen Reitbetrieb im „alten Landgestüt Landshut“ schon lange nicht mehr zu halten.
Dr. Mathias Wieland
- Vorsitzender
Geschichte des Reit- und Fahrvereins e.V. Landshut
Die klassische Reitlehre wurde am Anfang des letzten Jahrhunderts in erster Linie durch das
Militär vermittelt. Dort standen die entsprechenden Pferde, Ausbilder und notwendigen
Einrichtungen zur Verfügung. Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der
kaiserlichen Armee konnte die Ausbildung im Fahren, Reiten, in der Pflege und im Umgang
mit Pferden jedoch nicht mehr ausreichend gewährleistet werden. Da trotz der zunehmenden
Technisierung das Pferd als Arbeitstier und Fortbewegungsmittel aber noch lange nicht
entbehrlich geworden war, mussten diese Aufgaben von anderen Institutionen übernommen
werden. Aus diesem Grund etablierten sich in ganz Deutschland die ersten Reitvereine.
Von dieser Erwägung ausgehend wurde auch in Bayern damit begonnen Reit- und Fahrvereine
ins Leben zu rufen. Als einer der ersten wurde der
Reit- und Fahrverein Landshut am 27. Mai 1925
gegründet. Er siedelte sich mit seiner Reitschule im Landshuter Landgestüt an. In der Folgezeit
sollte er große Bedeutung für den Bereich Niederbayern-Oberpfalz haben und zählte bald zu
den erfreulichsten Erscheinungen des Gemeinschaftslebens in unserer Stadt.
Die Aktivitäten des Reitvereins wurden dann jedoch durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem folgenden Weltkrieg unterbrochen und wurden erst am 20. Mai 1953 wieder aufgenommen, als sich der Reit- und Fahrverein Landshut wieder neu konstituierte.
Der Verein wurde in erster Linie von seinen alten Mitgliedern und Vorständen getragen.
Aufgrund des enormen Wirtschaftswachstums beruhte die Gründung des Vereins jetzt nicht mehr
auf der Notwendigkeit die Warmblutzucht zu erhalten oder junge Landwirte und Züchtersöhne
auszubilden. Das Pferd hatte seine praktische Bedeutung für die Volkswirtschaft verloren.
Der Reitsport wurde jetzt lediglich aus Vergnügen betrieben. Die Pferdehaltung drohte sich
auf wenige Liebhaber zu beschränken.
Anfang der 70-er Jahre begann sich der – bis dahin – elitäre Reitsport auch dem breiten Publikum
zu öffnen. Immer mehr Menschen, vor allem Jugendliche strebten in die Reitvereine.
Sie machten, auch im Sinne der Nachwuchsförderung, eine fundierte Ausbildung auf Schulpferden notwendig – der moderne Reitsportverein war geboren.
Der Reit- und Fahrverein e.V. Landshut hat in den vergangenen 90 Jahren schwerste Kriegs- und Notzeiten überstanden. Größe und Niedergang wechselten einander ab.
Er bereichert nun mit seiner Reitschule das Sportleben in Landshut.
Die verkehrsgünstige Lage ist mittlerweile ein besonderer Standortvorteil geworden. Sie gibt
insbesondere den Jugendlichen die Möglichkeit hier ihre Freizeit sinnvoll mit dem Partner
Pferd zu verbringen.
Viele Kinder kennen kaum noch Landwirtschaft oder den Umgang mit Tieren. Das Reiten bietet
die Möglichkeit Naturerfahrungen zu sammeln und junge Menschen im Umgang mit edlen Tieren
zu prägen und auszubilden.
Nicht zuletzt wird auch ihr Verständnis und ihre Toleranz für alle Lebewesen gefördert.
Die Zeit von 1925 – 1953
Am 17.06.1922 machte Herr Wucherer, der damalige Landstallmeister am Landshuter Landgestüt die Notwendigkeit der Errichtung einer Reit- und Fahrschule in Landshut dem bayerischen Staatsminister für Landwirtschaft deutlich.
Dass diesem Unternehmen auch von der Stadt Landshut absoluter Vorrang eingeräumt wurde, zeigt das Schreiben des damaligen Oberbürgermeisters Herterich vom 01.09.1922, in dem er sich für das gleiche Ansinnen einsetzte. Die Stadt Landshut erschien ihm für die Ansiedlung einer staatlichen Reit- und Fahrschule besonders geeignet, weil Landshut als
Zentralbahnknotenpunkt mit guten Schnellzugverbindungen von überall her leicht erreichbar wäre.
Die Nähe zu München wirke sich günstig aus und man schätze die unmittelbare Nähe des Zuchtgebietes im Hinterland als positiv ein.
Außerdem standen in Landshut die entsprechenden Räumlichkeiten im Landgestüt bereits zur Verfügung.
Anfang des Jahres 1925 konnten dann endlich die ersten konkreten Schritte in diese Richtung unternommen werden. Die Gründungsversammlung fand am Freitag den 25.03.1925 in der Brauereigaststätte Koller in Landshut statt.
Insgesamt traten über 50 Mitglieder dem neuen Verein bei. Darunter auch eine Reihe von bedeutenden Pferdefreunden und Züchtern aus Stadt und Landkreis.
Der Jahresbeitrag betrug 5,- Mark.
Das Engagement und das Prestige so bedeutender Persönlichkeiten in der Vorstandschaft
machte deutlich, welche Bedeutung dem neuen Verein in Landshut zugemessen wurde.
Kommerzienrat Ludwig Koller und Landstallmeister Hans Wucherer
Am 27.04.1925 trat auch die Stadt Landshut – um ihre Verbundenheit mit dem neu gegründeten
Verein zu dokumentieren – dem Verein bei.
Die Landshuter Zeitung berichtete am 31. März 1925 mit einem ausführlichen Artikel von der
erfolgreichen Gründung des Reit- und Fahrvereins Landshut.
Natürlich war für den neu gegründeten Verein die entsprechende Werbung notwendig, um der
Bevölkerung von den Möglichkeiten der Reitschule zu berichten. So wurde am 17. Juni 1925
in der LZ folgender – noch heute gültiger – Artikel veröffentlicht.
„Reitsport:
Leider scheint es in weiten Kreisen Landshuts noch ganz unbekannt zu sein, dass seit einiger
Zeit dahier bequeme und preisgünstige Gelegenheit zur Ausbildung des Reitsports gegeben ist.
(Zum Teil mag freilich die ungenügende Reklame des Reit- und Fahrvereins selbst schuld
daran zu sein.)
Reiten ist eine der vornehmsten Formen sportlicher Betätigung, die körperliche
Gewandtheit und Geistesgegenwart gleichermaßen ausbilden hilft und zu dem neben dem
Schwimmen wohl der einzige Sport, der den ganzen Körper in Mitleidenschaft zieht und
stählt.
Der hiesige Verein – Näheres im Landgestüt erfragen – bietet Anfänger- und Fortbildungskurse, ferner Gelegenheit zum Ausreiten, alles zu Preisen, die sich auch ein nicht mit
Glücksgütern Gesegneter leisten kann und die zum Teil erheblich hinter denen in anderen
Städten zurückbleiben.
Der Reitsport kommt – entgegen einer weitverbreiteten Meinung – nicht teurer als z.B. Ski- oder
Radsport.
Es ist dabei eine zahlreiche Beteiligung an dem Unternehmen dringend zu wünschen, um so
mehr, daraus andere gleiche und sogar kleinere Städte in dieser Hinsicht weit voraus sind.“
Bereits am 23. November konnte die LZ stolz über die erste Schlussprüfung der Landshuter
Reit- und Fahrschule, die im Landgestüt abgehalten wurde, berichten.
„Schlussprüfung an der Landshuter Reit- und Fahrschule
… Auch in Landshut besteht bekanntlich seit einiger Zeit ein Reit- und Fahrverein, der sich
die Ausbildung von Landwirtssöhnen im Reiten, Fahren und Pferdehaltung, sowie die Pflege
des Reitsportes zur Aufgabe gemacht hat. Seine erste, am 20. November in der Reithalle
und dem geräumigen Hof des Landshuter Landgestüts abgehaltene öffentliche Prüfung ließ
bereits das große Interesse erkennen, das ihm allseits entgegengebracht wird.
Unter den zahlreich erschienenen Zuschauern aus Stadt und Land sind hervorzuheben, der Herr
Regierungspräsident, Vertreter der Behörden, der Reichswehr, Landespolizei, der Landwirtschaftsschulen und Bauernkammern.
Nach Ansprache des Vorstandes Hrn. Kommerzienrats Bartmann, zeigte eine Abteilung von
7 Schülern des 2. Kurses der landwirtschaftlichen Winterschule Landshut … ihr Können im
Schulreiten mit und ohne Bügel, in allen Gangarten, den verschiedenen Reitbahnfiguren und
im Hürdenspringen. Es konnte durchweg vorzügliche Disziplin und guter Sitz festgestellt werden,
…Den Schluss bildete eine, von hiesigen Damen und Herren exakt gerittene kleine Quadrille.
Nach einer Ansprache des Herrn Landstallmeisters Wucherer, der Zeugnisverteilung und einer
Ansprache des Herrn Regierungspräsidenten an die ländlichen Schüler schloss ein Frühschoppen
die gut verlaufende Veranstaltung. Die sämtlichen Vorführungen ließen die umsichtige
Tätigkeit des Reit- und Fahrlehrers, des Hrn. Lt. A.D. Pohli, erkennen, eines tüchtigen Fachmannes, um den andere Vereine den hiesigen sicher beneiden dürfen.
Ihm, nicht zuletzt, ist es daher zu verdanken, dass der Tag ein voller Erfolg für den Verein war, aus
dem man ihm eine gute Zukunft prophezeien darf. Möge er sich immer mehr neue Freunde und
Mitglieder erwerben und so seinen bedeutsamen Zeiten immer besser dienen können!“
Die Aktivitäten des Landshuter Reitvereins begannen bald ein breites Spektrum zu umfassen,
das über die bloße Abhaltung von Reit- und Fahrkursen für Anfänger hinausging. Reitjagden
wurden durchgeführt. Bei der „Landshuter Hochzeit 1475“ stellte er die „Türkengruppe“, die
damals im Hochzeitszug eingebaut war. Auch die Polengruppe mit Damen und die Ringlstecher
wurden vom Reitverein gestellt. Außerdem wurden nebenher noch Reitturniere ausgerichtet.
Das 1. Turnier fand am 21. bis 23. August 1925 statt. Als Austragungsort wurde das Gelände
des ehem. Kavallerieplatzes in der benachbarten „Höhn-Kaserne“ genutzt.“
Die Offiziere der Landespolizei veranstalteten gestern (Freitag) Vormittag in Gemeinschaft mit Herren der Reichswehr und des Reit- und Fahrvereins Landshut im Gelände des ehem. Kavallerieplatzes ein J a g d r e i t e n . Wenn auch die Anzahl der Nennungen in manchen Prüfungen nicht so hoch ist, als man es im Allgemeinen gewöhnt ist, so steht die Qualität der genannten Pferde auf einer sehr hohen Stufe und man wird manches Pferd über die Reitbahn gehen sehen, das auf den größten deutschen Turnieren wie Berlin, Kissingen etc. mit Ehren bestanden hat. Die Hindernisse wurden schneidig genommen; die Jagd verlief ohne jeden Unfall.“
Die Reiter des Landshuter Reitvereins waren auch auf auswärtigen Turnieren recht erfolgreich. Allen voran Herr Ludwig Nadler. Bei dem Turnier der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in München konnte Herr Ludwig Nadler die ersten Preise in Dressur und in Springen für den Verein mit nach Hause nehmen. Einen weiteren Erfolg konnte er bei den Reitwettkämpfen, die 1936 in München veranstaltet wurden, erringen. Herr Nadler wurde unter 132 Teilnehmern Einzelsieger.
Neben den primären Aufgaben der Reitausbildung und des Leistungssports, wurde auch damals
schon aller größter Wert auf den gesellschaftlichen Bereich des Reitsports und auf breitensportliche Aspekte gelegt. Neben der Teilnahme an Turnieren, wurden Ausritte in die nähere
Umgebung unternommen. Feierlichkeiten belebten das gesellschaftliche Leben.
Nachdem der kgl. bay. Kommerzienrat Josef Bartmann sechs Jahre lang die Geschicke des
Vereins geleitet hatte, übernahmen Franz Makler und Wilhelm Gebhardt am 05.03.1931
das Amt der Vorsitzenden.
Kaufmännischer Geschäftsführer wurde der Landshuter Bürstenfabrikant Richard Hoffmann.
Zwei Jahre später, am 24.01.1933 wurden Georg Geistbeck und der damalige Landstallmeister
Hans Wucherer zu Vorständen gewählt.
Daran zeigt sich, dass der Landshuter Reitverein und das Landgestüt von Anfang an aufs Engste
miteinander verbunden waren. Nicht nur räumlich, da die Reitschule in den Gebäuden des
Gestütsamtes untergebracht war, sondern auch personell, da im Vereinsausschuß auch der
Vorstand des Gestütsamtes, Landstallmeister Wucherer und sein zuständiger Pferdezuchtinspektor vertreten waren.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 sollte der Landshuter Reit- und
Fahrverein mit seinen Reitschülern auf Drängen der SA ins Rottal verlegt werden und mit den
dortigen Reitvereinen unter der Oberhoheit der SA zusammengeschlossen werden.
Dies konnte durch großes Engagement der Mitglieder verhindert werden und die Reitschule
konnte vorerst in Landshut verbleiben.
Als letzte große Aufgabe vor dem Weltkrieg begann man noch 1934 damit, einen eigenen Reitstall
auf dem Gelände zu planen.
Die Pferde der Reit- und Fahrschule und des Reit- und Fahrvereins waren zunächst im
östlichen Flügelstall des Landgestüts untergebracht gewesen.
Auf Anordnung des Staatsministerium für Wirtschaft, Abteilung Landwirtschaft musste der Stall
geräumt werden. Die zehn Pferde der Reitschule wurden 1936 provisorisch im Krankenstall des
Landgestüts eingestellt.
Dieses Stallgebäude wird noch heute als Pensionsstall genutzt.
Die Notwendigkeit für einen eigenen Reitstall zeigte sich darin, dass im Februar 1937 jährlich
ca. 300 auswärtige ländliche Schüler an der Reit- und Fahrschule ausgebildet wurden.
Außerdem nahmen wöchentlich ca. 100 Personen an dem regelmäßigen Unterricht auf den
zehn Pferden der Reitschule teil.
An der Sigmund-Schwarz-Straße stellte das Ministerium den Bauplatz kostenlos zur Verfügung.
Die Kosten des Neubaus wurden auf 18.000 RM veranschlagt. Da die Errichtung die finanziellen
Möglichkeiten des Vereins deutlich überschritten, wurde der Großteil der Kosten durch Spenden,
Zuschüsse und Eigenleistung der Mitglieder ermöglicht.
Das Baumaterial stammte vorwiegend aus Abbruchmaterial, das von den Vereinsmitgliedern
wieder verwendungsfähig gemacht wurde.
Auch die Stadt Landshut bewilligte einen einmaligen Zuschuß in Höhe von 2.000 RM um dieses
Projekt zu verwirklichen.
Der Bau des eigenen Reitstalls wurde 1938 in Angriff genommen und abgeschlossen.
Als letzte Vorstände vor dem Weltkrieg wurden am 03.12.1935 Robert Linnbrunner und
Josef Mayerhofer gewählt.
Trotzdem nahte das Ende des Reitvereins. Bei Kriegsausbruch wurde der Reitverein aufgelöst,
da alle wehrfähigen Reiter und natürlich auch alle Pferde für den Kriegsdienst eingezogen
wurden.
Die Zeit von 1953 bis zur Gegenwart
Der Reit- und Fahrverein wurde erst am 20.05.1953 durch seine alten Mitglieder und Vorstände
wiedererrichtet. Am 14.03.1954 konnte auch der Sportbetrieb in der Reithalle
des Landgestüts wieder aufgenommen werden.
Am 5. Dezember 1953 konnte man in der Zeitung lesen:
„Reit- und Fahrsport zu neuem Leben erweckt. Ausschuß- und Vorstandswahl des Reit- und
Fahrvereins e.V. Landshut im Hotel Dräxlmair.“
Erhebliche Schwierigkeiten waren aus dem Weg zu räumen, bis gestartet werden konnte.
Besondere Unterstützung erfuhr man durch den Landshuter Landtagsabgeordneten Dr. Franz
Lippert. Ein weiterer Protagonist war der Landstallmeister Dr. Franz Sonnleitner, der als
Hausherr dem Reitverein seine alten Räumlichkeiten wieder zur Verfügung stellte.
Der 1. Vorstand des neu gegründeten Vereins wurde Eberhard Fürst von Urach von Schloss
Niederaichbach, zum 2. Vorstand wurde Ludwig Nadler gewählt. Beide Herren waren
erfahrene Turnierreiter. Schriftführer wurde Rechtsanwalt Dr. Friedrich Kohlndorfer,
Kassier der Bankbeamte Georg Huber. Dem ersten Vereinsausschuß gehörten Hans Emslander,
Wilhelm Gebhardt, Prof. Dr. Georg Landes, Robert Linnbrunner, Landgerichtsdirektor
Dr. Stanglmaier, Eugen Streibl und Josefa Freifrau von Zedlitz von Schloss Ast.
1954 wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Die ersten Pferde waren geliehen.
Die ersten vereinseigenen Schulpferde konnten gekauft werden.
Die brave Fuchsstute Rosamunde, der sehr eigenwillige, aber sehr springfreudige Fuchswallach
Dolland und der Schimmelwallach Titus.
Kinder bezahlten für eine Reitstunde 2,00 DM, Erwachsene 3,00 DM.
Seit 1954 standen über 100 Schulpferde im Stall und haben ihren Reitern manchen Kummer
bereitet, aber in erster Linie viel Freude geschenkt.
Auch Pensionspferde, ein sicheres finanzielles Standbein, standen von Anfang an im Stall.
Ein Paar dieser Zeitgenossen haben eine eigene Zeile verdient:
Die Stute Fanny, die erst Engelbert Möglinger, dann Edi Vessar gehörte und der temperamentvolle
Araber-Fuchs Kobold von Max Ziegenaus, der auch den eigenen Reiter schon mal aus dem Sattel
brachte. Noch besser verstand dies die große Rappstute Veilchen, die ihrer Besitzerin Mathilde
Dreisbusch zu selbigem verhalf oder auch die Fuchsstute Ambra von Peter Heilingbrunner, die
später in den Besitz von Ludwig Nadler überging und das ehrwürdige Alter von 28 Jahren erreichte.
Natürlich mussten diese Pferde auch betreut werden. Der erste Pferdepfleger war Franz
Weinmaier, ein pensionierter Gestütswärter mit vortrefflichem Pferdeverstand.
Die Reitlehrer haben den ahnungslosen Anfänger in die hohe Kunst des Reitens einzuführen.
Die ersten ehrenamtlichen Reitlehrer waren Eugen Streibl, Karl Heindl, Franz Reicheneder
und Alfons Gaull. Franz Reicheneder brachte es auf die längste „Dienstzeit“ von 38 Jahren.
Bald kam Karl Niebler, unser Ehrenvorsitzender, hinzu und stellte sein Wissen und Können
dem Verein zur Verfügung. Daneben war er noch lange Zeit der Vereinskassier und war in ganz
Bayern ein geschätzter Turnierrichter. 1992 erhielt er für seine Verdienste als Richter die
Goldmedaille der LK Bayern verliehen.
Als eine tragende Säule des Vereins feierte er am 24.04.2002 seinen 80. Geburtstag.
Zur abendlichen Feier wurde er mit einer zweispännigen Pferdekutsche von zu Hause abgeholt,
die von mehreren Reitern begleitet wurde. Der Geburtstagszug fand sein Ziel auf dem Gelände
des ehemaligen Landgestüts, wo die Geisenhausener Turmbläser den Jubilar und seine zahlreichen Gäste mit einem Ständchen begrüßten.
Es wurde ein Abend voll Geschenke, Glückwünsche und guter Laune.
Bis ins Jahr 1997 übernahmen viele engagierte Vereinsmitglieder die Aufgabe des Reitlehrers mit
Unterstützung von Elli Gambke, die bis dahin als Reitwart fungierte.
Neben Karl Niebler gaben Albert Kaindl, Manfred Gückl, Schorsch Lidl, Hans Weinmaier, Gert Huber,
Werner Bauderer, Hermann Krämer, Inge Weiss, Petra Kropfelder, Renate (Glas) Schuster-Häfner,
Lydia Meier, Birgit Franz, Heike Bartsch und Leo Vessar Unterricht, um nur einige zu nennen.
Als erste Pächterin des Schulbetriebes gab von 1998 -1999 Frau Waltraud Lachenschmidt ein
kurzes Gastspiel.
Dann übernahmen Norbert Eberl und Elli Gambke bis 2007 den Schulbetrieb.
Den Schwerpunkt setzten die beiden Reitlehrer vor allem in der Kinder- und Jugendförderung.
Ihr Ziel war es, Reitschüler bis zu den Basisprüfungen auszubilden.
Vom kleinen und großen Hufeisen, bis hin zum Reiterabzeichen mit Springen und Dressur konnten
die Schüler ihrem Hobby mehr „Güte und Qualität“ verleihen.
Eine Voltigierabteilung wurde bereits in den ersten Vereinsjahren aufgestellt.
Der erste Volti-Lehrer war der unvergessene Karl Hiendl. Später wurden die Voltigierkinder
von Manfred Gückl, Albert Kaindl, Girgl Kerscher, Wolfi Kerscher und Bärbl Stahleder betreut.
Über 25 Jahre lang brachte Andrea Zimmermann den Zwergerln die Akrobatik auf dem Pferd bei.
Bei vielen Veranstaltungen und Wettbewerben konnten sie schöne Erfolge verbuchen.
Der Volti-Unterricht wurde mittlerweile eingestellt und die Kinder wurden in die Gruppe unseres
Partnervereins auf der Anlage – die Reiterfreunde Landshut – aufgenommen, sie bieten ein breit
gefächertes Angebot für die verschiedensten Altersstufen.
An der Stelle seien unsere letzten treuen Voltigierpferde genannt:
Der Stichelfuchs Baskil, der heute noch Kerstin Gitzing, unserer 2. Vorsitzenden, viel Freude
beschert und Luigi, der nach seiner „Pensionierung“ als Voltigierpferd noch ein paar glückliche
Jahre als „des Kaisers Pferd“ mit Anton Huber verbringen durfte.
In der Zeit des Umbruchs – von ehrenamtlichen Reitlehrern, hin zu professionellen Pächtern des
Schulstalls – ist eine Persönlichkeit zu nennen, die sich dem Verein mit Herz und Leidenschaft
verbunden fühlte – Albrecht Schöllhorn-Gaar.
Von 1992 bis 2014 leitete er als dienstältester 1. Vorstand die Geschicke des Vereins.
In die erweiterte Vorstandschaft wurde er bereits 1985 als Kassier gewählt und kannte sich
bestens mit den permanent steigenden Kosten aus, die unser Verein zu schultern hatte.
So zahlte der Verein bis 1982 nur eine „Gebühr“ von 200,00 DM an das Landwirtschaftsministerium,
nach dem Wechsel der „Besitzverhältnisse“ wurde dann eine monatliche Pacht von 2.500,00 DM
an das Finanzministerium fällig.
Diese Summe musste erst mal vom Reitbetrieb erwirtschaftet werden, ganz zu Schweigen von den
explodierenden Kosten der Pferdehaltung.
Diese wunderbare, denkmalgeschützte Anlage zieht leider auch hohe Unterhaltskosten mit sich nach,
die Albrecht Schöllhorn-Gaar immer wieder mit vielen Ideen zu stemmen wusste.
Sei es durch Zusatzeinnahmen bei den WBO-Turnieren und Sommerfesten, aber auch durch sein
tatkräftiges Engagement, Sponsoren dafür zu begeistern, den Landshutern weiterhin eine
stadtnahe Reitschule zu erhalten.
Er selbst ist ein begeisterter „Hochzeiter“ und nahm unter Anderem mit dem polnischen Adel zu
Pferd, als Bischof und zuletzt als Ringlstecher aktiv an der „Landshuter Hochzeit“ teil.
Nach seinem schweren Reitunfall konnte er – nach seinem Verantwortungsgefühl – die Pflichten des ersten Vorstandes nicht mehr zu 100% erfüllen und übergab im Sommer 2014 das Amt kommissarisch
an Dr. Mathias Wieland (bislang 2. Vorsitzender).
Dieser Rücktritt war für alle nur zu verständlich, da Albrecht Schöllhorn-Gaar sehr lange Zeit seine
ganze Kraft für die Wiedergenesung benötigte.
Auch wenn der Verein für ihn sehr wichtig war – es gibt nichts Wichtigeres als die Gesundheit.
Auf diesem Weg möchte sich der Reit- und Fahrverein bei der „Lokomotive des Vereins“ für sein
Engagement und Herzblut aufrichtig bedanken.
Bei den notwendig gewordenen Neuwahlen wurde Dr. Mathias Wieland bei der Hauptversammlung
Ende 2014 im Amt des 1. Vorstandes bestätigt. Unterstützt wird er nun durch Kerstin Gitzing, die
zur 2. Vorsitzenden gewählt wurde. Gabi Tristl wurde für weitere drei Jahre das Amt des Kassiers, das
sie seit 2009 inne hält, zugesprochen.
Wir wollen uns auch an Vereinsmitglieder erinnern, die bei größeren Turnieren den Verein vertraten.
Da ist allen voran das Gründungsmitglied Hans Emslander, der sich auf internationalen Turnieren
einen Namen gemacht hat. Die größten Erfolge konnte er mit seinem „Passat“ verbuchen.
Bei dem schwersten Jagdspringen der Welt, dem Deutschen Springderby in Hamburg, kam er 1968,
hinter Nelson Pessoa (Brasilien), auf den 2. Platz.
In Salzburg 1969 ist es ihm als erstem gelungen, dreimal hintereinander den Großen Preis im
Mächtigkeitsspringen zu erringen.
Zwei weitere Gründungsmitglieder zählten zur Springreiter-Elite: Ludwig Nadler und Freifrau von
Zedlitz.
1963 wurden die Geschwister Herma und Hansi Reitberger (zu der Zeit) als einzige in Bayern Inhaber des Silbernen Jugendreitabzeichens. Hansi Reitberger bekam 1967 die Goldmedaille als
Juniorenmeister Ndb./Obpf. im Dressurreiten. Leider wurde diese hoffnungsvolle Reiterlaufbahn
im Juli 1974 durch einen tödlichen Autounfall beendet.
Immer wieder starteten junge, erfolgreiche Reiter aus unseren Reihen bei größeren Turnieren,
so Christina Grimm der Dressur, Manuel Bauderer im Springen – um nur einige zu nennen.
Michael Holzer wurde 1993 bei seiner Prüfung zum Pferdewirtschaftsmeister Schwerpunkt
Reiten Jahrgangsbester.
Das erste eigene Turnier wurde 1958 anlässlich der Landshuter Dult auf der Ringelstecherwiese
mit Spring- und Dressurprüfungen bis Kl. L veranstaltet. Laut Landshuter Zeitung ging die bekannte
Münchner Pferdemalerin Inge Ungewitter „wie ein Ungewitter über den schwierigen Parcours“ und
und belegte dabei den 2. Platz.
Im Juli 1961 folgte ein weiteres Turnier, diesmal auf der Wiese des Landgestüts bei weiß-blauem
Himmel. Vereinsmitglied Peter Heilingbrunner belegte bei der Dressurprüfung den 1. Platz.
Die großen Erfolge der Turniere 1960/61 ermutigten 1963 zu einem neuen großen Unternehmen.
Am letzten Juli-Wochenende wurden auf der Gestütswiese die Bayerischen Dressur- und Springmeisterschaften ausgetragen.
Ein Schiedsrichter fasste es kurz zusammen: „bester Reitsport in imponierendem Rahmen“.
25 Jahre später wurde diese Meisterschaft von der Turniergemeinschaft 1989 zum zweiten Mal
ausgetragen – diesmal auf der Grieserwiese.
Im Juli 1968 wurde ein Hallenreiterfest durchgeführt. Auf dem Siegerpodest standen Hans
Emslander (Springen) und Leo Vessar (Dressur).
Eine neue reitsportliche Bereicherung brachte das Jahr 1976 mit sich: fünf Reitvereine der Stadt und
des Landkreises (Adlkofen, Ast, St. Georg Geisenhausen, Grafenhaun und Landshut) schlossen
sich zur Turniergemeinschaft zusammen, um die Anforderungen großer Turniere meistern zu
können. Organisationsleiter wurde F.-X. Kreuzpaintner.
Im Juli 1978 wurden die Stadt- und Kreismeisterschaft auf der Ringlstecherwiese ausgetragen.
1.075 Starts verteilten sich auf zwölf Prüfungen, über 400 Pferde waren gemeldet.
Diese Tradition, die Stadt- und Kreismeisterschaft auszutragen wurde aufrechterhalten und
neben anderen Austragungsorten 1993 und 2011 auf unserer Anlage durchgeführt.
Das große Turnier 1982 wurde vom plötzlichen Tod des verdienten 1. Vorsitzenden Wilhelm Böck
am 17.07.1892 überschattet.
1982 pachtete Hans-Heinrich Quellen die gesamte Anlage und der Reit- und Fahrverein wurde
Unterpächter von Herrn Quellen. Durch den erhöhten Reitbetrieb wurde es notwendig zusätzlich
eine große Reithalle zu errichten.
Die Vollendung des Neubaus erfolgte im Frühjahr 1985.
Durch den Bau dieser 30x60m großen Halle war von nun an eine attraktive Präsentation des Reitsports
möglich. Das Interesse der Landshuter war wiederbelebt und somit auch die Anlage des Landgestüts.
Nun zu den gesellschaftlichen Auftritten des Vereins
Seit 1954 gehört zu den festen reiterlichen Veranstaltungen das Weihnachtsreiten, das bis
heute die Anziehungskraft auf die pferdebegeisterte Landshuter Bevölkerung nicht verloren hat.
Seit 1993 haben sich die zwei Reitvereine der Anlage zu einer gemeinsamen Veranstaltung
zusammengetan.
Fleißig führen die Reitschüler phantasievolle Märchen- und weihnachtliche Quadrillen auf und
können somit – unter den Augen der stolzen Eltern – ihr Können unter Beweis stellen.
Die Weihnachtsfeier, die traditionell dem Weihnachtsreiten vorausgeht, findet seit Jahren im
vereinseigenen „Reiterstüberl“ statt und glänzt mit „Weihnachtsbotschaften“, die herrlich
von Herrn Dr. Peter Schröter (1. Vorstand der Reiterfreunde Landshut) vorgetragen werden.
Gutes Essen, eine Tombola (die von Uli Weinmayr großzügigst „vergoldet“ wird) und
geselliges Beisammensein runden diesen Vorabend ab.
Zu einer festen Größe im Landshuter Ball-Kalender wurde der „Reiterball“
1968/69 traf man sich noch im Kolpingsaal um einen „Galopp durch die Jahrhunderte“ aufs Parkett
zu legen. Glänzende Sommerbälle im damaligem Offizierskasino folgten 1969/1970.
Schöne Schwarz-Weiß-Bälle im Kolping- und Bernlochnersaal machten von sich reden.
Auch im neuen Jahrtausend zelebriert man den Reiterball in der Faschingszeit, an dem auch
unsere Jugend Geschmack gefunden hat – denn ein guter Reiter besitzt Taktgefühl und ist normal
auch ein begeisterter Tänzer.
Literaturverzeichnis
Akten des Reit- und Fahrvereins e.V. Landshut
Akten des Stadtarchivs Landshut
Hans Bleibrunner, Landshut von 1790 bis 1990, 1991
Dr. Gareis, Landgestüt Landshut, 1949
Theo Herzog, Landshuter Stadtchronik 1959, 1970
Theo Herzog, Landshut im XIX. Jahrhundert 1969
Volker Liedke, Stadt Landshut, 1988
Dr. Oscar Riel, Bayerisches Landgestüt Landshut, 1972
Bildquellen
Bild- und Textmaterial wurden zur Verfügung gestellt:
Familie Bartmann, Landshut
Familie Schöllhorn-Gaar, Landshut
Herr Fritz Rosemann
Familie Drengler, Landshut
Frau Geistbeck, Landshut
Familie Koller, Landshut
Frau Möglinger, Landshut
Stadtarchiv Landshut
Familie Streibl, Landshut
Familie Westermeier, Landshut
Für die Unterstützung gilt Ihnen unserer besonderer Dank
Überarbeitung und Erweiterung der Chronik von 1995
(erstellt von Albrecht Schöllhorn-Gaar, Mathilde Dreisbusch und Ute Merrettig)
durch Gisela Hagelauer